Lilly Keller, geboren 1929 in Muri bei Bern, gehörte zu den wichtigsten Frauenfiguren der Schweizer Kunst. 1949 trat sie der Grafik-Fachklasse der Zürcher Hochschule der Künste in Zürich bei. 1952 brach Keller ab und wurde freie Künstlerin. Aufsehen erregte sie bald nicht nur mit Collagen, Lithographien und Ölbildern, sondern auch mit grossen, selbst gewobenen Tapisserien.
Ab 1956 wieder in Bern, gehörte sie von nun an zum inneren Zirkel um Daniel Spoerri, Meret Oppenheim, Friedrich Kuhn, Peter von Wattenwyl, Jean Tinguely und Leonardo Bezzola. Entscheidend wurde ihre Begegnung mit dem Amerikaner Sam Francis; er lehrte sie, raumgreifend zu agieren. Nach Aufenthalten in Paris, Darmstadt, New York und London zog sie mit dem Künstler Toni Grieb nach Montet-Cudrefin (VD). Hier gestalteten sie gemeinsam auf eine rundr 6000 Quadratmeter grossen Brache um ihr Haus einen Park mit seltensten Bambusarten und Nadelbäumen aus der ganzen Welt.
Ende der 70er Jahre wurde das Schaffen der Künstlerin zunehmend plastisch. Es folgten diverse Aufträge für Kunst am Bau und ab 1984 begann Keller mit geblasenem Glas zu arbeiten. Mit ihrer immensen Schaffenskraft, deren Resultate immer wieder Aufnahme in Privatsammlungen, Messen und Museen fanden, schaffte Keller ab 1957 eine von Anbeginn als unverkäuflich deklarierte Werklinie in Form selbst gestalteter Bücher. Es entstanden weit über 80 Bände, von denen manche Einzelthemen gewidmet sind. Zentral dabei: die Befreiung der Frau aus männlichen Unterdrückungsmechanismen und der Kampf für die Gleichwertigkeit von Künstlerinnen mit ihren männlichen Kollegen im nationalen und internationalen Kunstbetrieb.
Nach dem Tod von Toni Grieb 2008 befasste sich die Künstlerin vermehrt mit dem Umbau einer Liegenschaft aus dem Erbe müttlerlicherseits in Thusis. 2016 verkaufte sie ihr Anwesen in Montet (Cudrefin VD) und zog in die Berge. Trotz Fertigstellung ihre Alterswohnsitzes am Ausgang zur Viamala und während des komplexen Umzugs vom Welschland nach Graubünden arbeitete Lilly Keller kontinuierlich an ihrem Werk weiter. Ihre letzten grossformatigen Arbeiten widmete sie beinah ausschliesslich ihrem eigentlichen Lebensfokus: der künstlerischen Sichtbarmachung ausserordentlicher Pflanzenwunder, z.B. Riesenblattformen, Bambus und dessen Scheideblättern oder Baumpilzen.
Am 2. Januar 2018 ist Lilly Keller in Thusis gestorben. Die von ihr ins Leben gerufene Lilly Keller Stiftung kümmert sich um ihren umfangreichen Nachlass.
Nachlass Lilly Keller
Lilly Keller Stiftung, Obere Stallstrasse 3 + 4 CH, 7430 Thusis